Standpunkt: Zum Schneller-Bauen-Gesetz
Standpunkt: Zum Schneller-Bauen-Gesetz

Standpunkt: Zum Schneller-Bauen-Gesetz

In letzter Zeit haben mich viele Mails im Rahmen der Serienbrief-Aktionen des NABU und leicht anders des BUND zum „Schneller-Bauen-Gesetz“ in Berlin erreicht.

Die SPD-Fraktion hat den anderen Fraktionen im Abgeordnetenhaus die Durchführung einer großen parlamentarischen Anhörung zum „Schneller-Bauen-Gesetz“ vorgeschlagen – es sieht gegenwärtig aus, als werde es dazu zustimmende Reaktionen geben. In einer solchen Anhörung wird ein größerer Block dem Naturschutz gewidmet sein. Die SPD wird dazu als Experten eine von den Natur- und Umweltschutzorganisationen benannte Person einladen. Ihre im Serienbrief unterstützten Bedenken werden also direkt vorgetragen werden können und werden also zur Diskussion stehen.

Ohne dieser Diskussion vorzugreifen, will ich im folgenden zwei kurze Anmerkungen zu Ihren Anregungen formulieren, aber auch einen generellen Hinweis geben.

Berlin hat einen Mangel an Wohnungen und verzeichnet deutlichen Zuzug. Die niedrigsten Zahlen – ohne die Menschen, die eben keinen oder nur den zweiten Wohnsitz in Berlin haben – zeigt jeweils der Zensus. Nach Zensus 2011 hatte Berlin 3,3 Millionen Einwohner, nach dem Zensus 2022 aber 3,6 Millionen. Dieses Wachstum von 300000 Menschen erfordert etwa den Neubau von 150000 Wohnungen. Das Bevölkerungswachstum von Berlin wird sicher noch eine Reihe von Jahren anhalten. Das Gesetz ignoriert nun überhaupt nicht die Klimakrise, denn das Nichtunterbringen von Bevölkerung führt zur Ansiedlung im Umland mit erheblich größerem ökologischen Fußabdruck. Das Umgekehrte ist also richtig, Nichtbau belastet Natur und Umwelt im Ergebnis mehr. Bauen sollte also schnell und möglichst umweltschonend erfolgend, z.B. durch Holzneubau und mit wenig Versiegelung und mehr Geschossen wie bislang üblich.

Zu Ihrem Hinweis unter §45 Berliner Naturschutzgesetz unterstreiche ich, dass es wichtig ist, dass die Natur- und Artenschutzbehörden von Anfang an einbezogen werden müssen. Deshalb erzwingt das Gesetz als neue Maßnahme, dass bei größeren Bauvorhaben bereits am Anfang alle wichtigen Ämter versammelt werden und mit der Arbeit beginnen können. Dadurch besteht gerade ausreichend Zeit, Gutachten einzuholen und eben nicht bis zum letzten Moment damit zu warten. Vor diesem Hintergrund und einem im Sinne des Naturschutzes verbesserten Ablauf hat der Senat zwei Wochen Frist zur Stellungnahme der Fachverwaltung vorgesehen. Ich bin aber auch durchaus im Sinne der Gleichbehandlung von Behörden offen dafür, zu vier Wochen zurückzukehren, wenn die Argumente überzeugen.

Zu Ihrem Hinweis unter §39a Berliner Naturschutzgesetz komme ich nach erster Durchsicht zu einem deutlich anderen Ergebnis als Sie. Sie schreiben “ Wir sehen hier sehr viele Fallen, sowohl für die Antragsteller*innen als auch für die jeweiligen Verwaltungen. Vor allem die Kontrolle wie, wo und wann etwaige erforderliche Ausnahmeanträge oder Befreiungen gestellt worden sind, wird damit erheblich erschwert und nicht mehr nachvollziehbar.” Das leuchtet nicht ein. Zunächst sieht es so aus als hätten Sie nicht den aktuellen (ergänzten – s.u. kursiv) Textvorschlag für den §39a verwendet. Er lautet nach meinen Informationen so: “Wird im Falle eines bauordnungsrechtlichen Genehmigungs- oder Zustimmungsverfahrens eine Ausnahme nach § 45 Absatz 7 Satz 1 und 2 des Bundesnaturschutz-gesetzes oder eine Befreiung nach § 67 Absatz 2 und 3 des Bundesnatur- schutzgesetzes nicht gesondert beantragt, schließt die Baugenehmigung oder bauordnungsrechtliche Zustimmung diese Ausnahme oder Befreiung ein. Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde. Die Baugenehmigung oder bauordnungsrechtliche Zustimmung schließt die Ausnahme oder Befreiung nicht ein, wenn die zuständige Bauaufsichtsbehörde gegenüber der zuständigen Naturschutzbehörde erklärt, dass darüber gesondert durch die zuständige Naturschutzbehörde zu entscheiden ist. Eines Antrags der Bauherrin oder des Bauherrn bedarf es nicht.“ Ich gehe – anders als Sie – davon aus, dass es für die Bürgerin oder den Bürger am einfachsten und nachvollziehbarsten ist, wenn möglichst viele Teile der Entscheidung in einem Bescheid erfasst sind (Konzentration). Die Naturschutzbehörden sind dabei eingeschaltet und haben starken Einfluss, weil die Entscheidung im Einvernehmen ergeht. Wenn aus irgendwelchen Gründen – und sei es der Wunsch der antragstellenden Bürgerin oder des antragstellenden Bürgers – zwei getrennte Entscheidungen besser sein sollten, entfällt diese Konzentration.

Ich freue mich auf die Diskussion

Matthias Kollatz