Standpunkt: IT-Probleme in Berliner Justiz
Standpunkt: IT-Probleme in Berliner Justiz

Standpunkt: IT-Probleme in Berliner Justiz

Bei dem Thema: ‘IT und Justiz‘ hat die CDU einen Punkt, aber vielleicht doch eher den falschen.

Es gibt in Deutschland, und so auch Berlin, eine weitgehende Unabhängigkeit der Justiz. Das ist eine Errungenschaft der Demokratie und des Rechtsstaats. Es scheint aber so, dass die Justiz sich extrem schwer tut, Modernisierungen jenseits des Faxgeräts umzusetzen. Es wird vielfach unter Berufung auf die Unabhängigkeit der Justiz verhindert, dass die entsprechenden Behörden an Standardsysteme angeschlossen werden. Denn damit werde ja die Justiz bevormundet. Aber die eigene Kompetenz zur IT-Entwicklung ist (verständlicherweise) begrenzt.

Nun fragt aber die weltweite Entwicklung der Digitalisierung nicht vorher bei der Deutschen Justiz, ob und wie sie sich entwickeln darf. Die Steuerpflichtigen wissen um die Abschreibungszeiten und die Neubeschaffungszyklen von IT, kleinere IT Geräte werden über ein Jahr abgeschrieben, die meisten IT Geräte über drei Jahre und selbst große kaum über fünf Jahre.

Das heißt, wenn eine Reaktion drei bis fünf Jahre braucht und die Umsetzung dann vielleicht noch einmal drei bis fünf Jahre, ist die Justiz zwei IT-Generationen (!) spät und selbst nach der Erneuerung aller Voraussicht nach schon wieder veraltet und digitalen Angreifern relativ ungeschützt ausgesetzt.

Und wie verhält es sich bei der Berliner Justiz:

– es hat in der vorletzten Wahlperiode im Jahr 2015 bereits eine deutliche Aufstockung der IT-Mittel für Standardisierung und IT-Kommunikation gegeben. Bei den meisten Sicherheitsfragen kommt es auf die IT-Kommunikation an – wie gelangen Dokumente (und leider auch manchmal auf Schaden zielende Software) von einem Richter oder Anwalt oder einem anderen Gericht oder einer Auskunftsstelle zum Gericht? 2015 wurde sicher nicht genug für einen Umbau, aber sicherlich mehr als ausreichend für einen Anfang bereitgestellt

– Spätestens 2017 hat ein Gutachten mit durchaus drastischen Formulierungen zur grundlegenden Modernisierung der IT in Berliner Gerichten aufgerufen. Während die Berliner Verwaltung gerade in diesen Jahren mehr und mehr Schutz aufbaute, geschah in der Justiz – soweit ich sehen kann – unter dem Schutzmantel der Unabhängigkeit nur etwas und beim Kammergericht fast gar nichts

– 2019 im September kam es zum (ungewollten) Einschleusen von Emotet. Emotet war ursprünglich gegen Banken entwickelt worden. Ist es erst einmal in die Systeme gelangt, lädt es als ‚Trojaner‘ weitere Schadsoftware nach. Die gegen Banken entwickelte ‚Malware‘ legte auf breiter Fläche das Kammergericht und andere Justizbehörden lahm

– in 2022 hat nun die Justizsenatorin einen Bericht dem Parlament vertraulich vorgelegt und Vorschläge (!) für Maßnahmen für nach der Sommerpause angekündigt.

– die Laufzeit der Umsetzung wird, wenn mal wieder Selbst-und-Unabhängig angesagt sein sollte, mindestens vier Jahre dauern. Selbst dann, wenn im Wesentlichen die Übergabe an einen Datenverbund empfohlen werden sollte (wie Dataport) wird es um sicher nicht weniger als eineinhalb bis zwei Jahre gehen

Es ist also höchste Zeit, dass das ‚Selbst-Machen‘ aufgegeben wird, dass Standards angewendet werden und dass der Datenschutz, den die Justiz-Akten gegenüber normalen Akten der Verwaltung haben, im Rahmen der Standards durch einen eigenen Anwendungskreis verwirklicht werden.

Tagesspiegel-Artikel: IT-Probleme in Berliner Justiz werden Thema in Sondersitzung