Tegel: Vom Liebling zum Millionengrab
Tegel: Vom Liebling zum Millionengrab

Tegel: Vom Liebling zum Millionengrab

Wenig Substanz bei einem wichtigen Thema zeigte die FDP bei der Diskussion im Parlament über den Flughafen Tegel. Die Partei hatte versucht, einen Gesetzentwurf zu ihrem erfolgreich durchgeführten Volksbegehren hinterherzuschieben. Auf gute Argumente zur Offenhaltung Tegels hat sie da zum großen Teil verzichtet. „Wenn ein Doppelbetrieb von Tegel und BER nicht wirtschaftlich möglich sein sollte, spräche das sehr gegen die Vorschläge der FDP.“ betonte Matthias Kollatz-Ahnen, Finanzsenator und Abgeordneter für Steglitz-Südende. „Außerdem würde eine riesige Fläche für die Entwicklung der Stadt verloren gehen und damit Raum für Wohnungen, Erholung und die Ansiedlung von Forschung und Industrie. Gerade das braucht Berlin aber dringend.“ 

Die Unterstützung für Tegel in Steglitz ist dabei im Stadtvergleich relativ hoch. Das ist mit einem Blick auf den Stadtplan erstmal nachvollziehbar. Die Anreise zum Flughafen ist überschaubar, unter dem Fluglärm müssen andere leiden. Das kann man zwar verstehen, aber verantwortungsvolle Politik muss auf die ganze Stadt schauen. „Auch wenn man dann weiter raus fahren muss, um zu fliegen: Wenn der BER erstmal brummt, profitiert die ganze Stadt davon, auch die Menschen in Steglitz.“ ist sich Matthias Kollatz-Ahnen sicher.

Ein wichtiger Punkt gegen Tegel ist die Wirtschaftlichkeit. Im Moment ist Tegel eine Geldmaschine, aber nur, solange er auch dichtmacht. Ab dem Tag, an dem der BER eröffnet wird, ist Tegel ein Verlustgeschäft. Als Zweitflughafen bräuchte man alle Strukturen doppelt – Feuerwehren, Flugsicherung und kompletter Airportbetrieb. Die meisten Airlines würden nach BER umziehen, so dass deutlich weniger Flugzeuge abheben. Ob sich Tegel dann noch rechnet, ist mehr als unwahrscheinlich und die Frage ist: will sich Berlin so viel Nostalgie leisten? Die FDP macht sich über die sinnvolle Verwendung von Steuergeldern auf jeden Fall keine Gedanken. 

Außerdem müsste man für die Offenhaltung Tegels in ein neues Genehmigungsverfahren gehen. Die Konsequenz: alle Anwohnerinnen und Anwohner hätten Anspruch auf verbesserten Lärmschutz. Gut für sie, schlecht fürs Geschäft. Hier kommen schnell Beträge im dreistelligen Millionenbereich zusammen. Da wird aus dem Liebling Tegel schnell ein Millionengrab. 

Zumal die FDP mit ihrem begleitenden Antrag den Vogel abgeschossen hatte. Geplant war, Tegel nicht für den Linien- und Charterverkehr offenzulassen, sondern für Geschäfts- und Elektroflieger. Das strich die Fraktion dann noch schnell aus dem Gesetzentwurf. Unterstützung fand die FDP im Anschluss für ihr Rumpfgesetz nur noch bei der AfD.

Ganz ohne Gesetz bleibt der Volksentscheid damit recht dürr. Nur ein Appell an den Senat ist enthalten, „sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrsflughafen zu sichern.“ Das klingt eindeutig, bindet aber nur einen der drei Teilhaber des BER. Brandenburg und der Bund haben in der Frage auch ein Wörtchen mitzureden, weil die Offenhaltung Tegels den BER gefährden könnte.

Tegel hat Berlin gute Dienste geleistet, seit er als Flughafen für die Berliner Luftbrücke errichtet wurde. Für viele Berliner ist er noch als Tor zur Welt in Erinnerung während der Zeit, als Berlin noch eine Insel war. Bleibt er jetzt aber, wird er zum Millionengrab und mehr Menschen als notwendig leiden unter Fluglärm. Besser eine TechRepublic auf dem riesigen Gelände mit 5.000 Wohnungen, großen Grünflächen zur Erholung, ein Forschungs- und Industriepark und 17.500 neue Jobs. Das braucht Berlin dringender als einen Zweitflughafen.