Standpunkt: Zur Cannabis-Legalisierung
Standpunkt: Zur Cannabis-Legalisierung

Standpunkt: Zur Cannabis-Legalisierung

Mich haben in letzter Zeit viele Mails zur Cannabis-Legalisierung erreicht, wie zum Beispiel diese anonymisierte Mail:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin sehr irritiert über die Nachrichten, dass Landesregierungen nun
für eine weitere Verzögerung des Cannabisgesetzes sorgen wollen – ganz
vorne dabei die SPD in Berlin mit Innensenatorin Spranger.

Es wäre eine große Enttäuschung, wenn es dadurch zu noch mehr
Strafverfahren gegen Cannabiskonsumenten, zu noch mehr
Führerscheinentzügen und MPUs kommen sollte.

Das Gesetz ist unnötig repressiv und bürokratisch. Trotz aller Schwächen
ist es aber ein großer Schritt nach vorn. Endlich wird Schluss gemacht
mit der massenhaften Strafverfolgung einfacher Cannabiskonsumenten.

Seit Antritt der Ampel-Regierung sind weit über 300.000 Strafverfahren
gegen einfache Cannabiskonsumenten eröffnet worden. Es reicht! Eine
Verschiebung des Inkrafttretens um ein halbes Jahr würde zu weiteren
fast 90.000 Strafverfahren gegen Konsumenten führen! Selbst wenn diese
Strafverfahren bis Oktober eingestellt werden sollten, muss die Polizei
bis dahin trotzdem Strafverfahren eröffnen. Es würden weiterhin Bürger
stigmatisiert und kriminalisiert. Auch die Angleichung von Cannabis und
Alkohol in der Fahrerlaubnisverordnung würde um ein weiteres halbes Jahr
verschoben. Das kostet Führerscheine und viel Geld für MPUs.

Die Begründung, dass Justizbeamte strafrechtlich dafür belangt werden
könnten, weil Altfälle zu spät bearbeitet werden, halte ich nicht für
stichhaltig. Denn sie handeln in diesen Fällen weder vorsätzlich noch im
Einzelfall wissentlich. So sehen das auch Rechtsanwalt Konstantin
Grubwinkler (1) und Staatsanwalt Simon Pschorr (2).

Ein Großteil der angeblich zehntausenden Verfahren, die durch die
Entkriminalisierung kleinerer Eigenverbrauchsdelikte neu aufgerollt
werden müssen, dürften nicht vollständig abbezahlte Geldstrafen
betreffen. In diesen Fällen wird nach einer späten Aufarbeitung eher
eine Rückzahlung als eine Entschädigung fällig werden.

Und wenn in einzelnen Fällen tatsächlich Betroffene entschädigt werden
müssen, weil sie zu spät aus der Haft entlassen wurden, dann wird das
der Staatskasse nicht das Genick brechen, sondern Gerechtigkeit herstellen.

Unter dem Strich sendet die SPD gerade das Signal: Uns ist es wichtiger,
die Arbeitsbelastung der Staatsanwälte auf einen längeren Zeitraum zu
strecken als 90.000 Strafverfahren zu verhindern. Kritik an diesem
Vorgehen kommt auch aus der Justiz selbst. Die Neue Richtervereinigung
“ruft den Bundesrat sowie die Justiz- und Innenminister der Bundesländer
auf, einer bundeseinheitlichen Entkriminalisierung des Cannabiskonsums
nicht länger im Wege zu stehen.” (3) Und auch der 45.
Strafverteidigertag forderte “die Länder auf, die angekündigte Blockade
aufzugeben und dem Gesetz zuzustimmen.” (4) Auch LEAP Deutschland (5)
und das Expertennetzwerk Schildower Kreis  (6) fordern eine sofortige
Umsetzung des CanG und gehen dabei auf die juristische Frage der
Aufarbeitung der Altfälle ein.

Bitte stellen Sie sich nicht gegen Ihre eigene Bundestagsfraktion und
gegen Millionen Cannabiskonsumenten in Deutschland! Verhindern Sie den
Vermittlungsausschuss und sorgen Sie dafür, dass das CanG unverzüglich
in Kraft treten kann!

Mit freundlichen Grüßen“

Ich teile die Einschätzung, dass ein Vermittlungsverfahren ohne ein klares Vermittlungsziel keinen Sinn macht, ein CDU Ministerpräsident hat schon angekündigt, dass er hofft, dass das Cannabis-Gesetz dauerhaft im Vermittlungsausschuss bleibt und somit auf Eis liegt. Deshalb bin ich der Auffassung, dass das Land Berlin nicht für die Einberufung des Vermittlungsausschusses stimmen soll. Anders als es in den E-Mails beschrieben wird, haben die SPD Senatsmitglieder darüber informiert, dass wegen der Koalitionsvereinbarung es zu einer Enthaltung kommen werde, weil die SPD der Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zustimmt (die CDU schon).