1989 war ein Jahr großer Veränderungen. Die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger der DDR mit ihrer Regierung wuchs. In diesem Jahr gründeten 43 mutige Frauen und Männer die SDP (SPD der DDR). Doch aus wem bestand diese neue sozialdemokratische Partei, die im Herbst 1989 erst heimlich und illegal entstand, kurz darauf eine bedeutende Rolle für die Zukunft der DDR und bei der Wiedervereinigung spielen sollte? Wie entwickelte sich die junge Partei in diesen turbulenten Zeiten? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestanden zur SPD in der Bundesrepublik?
Über dieses spannende Thema diskutierte Matthias Kollatz-Ahnen mit Steffen Reiche und den Anwesenden beim 13. Roten Tisch am 12. Dezember 2017. Steffen Reiche war Gründungsmitglied der SDP und später Vorsitzender der Brandenburger SPD. Heute ist er Pfarrer der Gemeinde Nikolassee.
Kennengelernt haben sich Matthias Kollatz-Ahnen und Steffen Reiche 1989 in Köln, als Herr Reiche bei der SPD um Unterstützung für die Gründung einer Ost-SPD warb. Auch später kreuzten sich ihre Wege als sie z.B. gemeinsam Druckmaschinen in die DDR schmuggelten, um die Parteigründung zu unterstützen.
In Köln überschlugen sich beim Besuch von Steffen Reiche die Ereignisse – die erst von dem Vorhaben der Gründung einer Ost-SPD überraschte Partei wurde aktiv: So wurde Steffen Reiche vom RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) zum Interview geladen und traf spontan Hans-Jochen Vogel, den damaligen Parteivorsitzenden und das SPD-Präsidium, um das Konzept vorzustellen. Mitgenommen hat er von dieser Reise unter anderem auch das damalige Parteiprogramm der SPD welches bei der Ausgestaltung des Statuts für die SDP eine wertvolle Basis war.
Gegründet wurde die SDP nach einigen geheimen Treffen und Vorarbeiten im Untergrund am 07.10.1989, dem 40. Gründungstag der DDR. Ein – so Steffen Reiche – bewusst gewähltes Datum, man wollte „der DDR die SDP zum Geburtstag schenken – die Partei, deren Nichtexistenz die Voraussetzung für die Existenz der DDR war“. Anfang 1990 wurde die SDP nach langen Diskussionen in SPD umbenannt und schloss sich Ende des Jahres mit der West-SPD zusammen.
Egal, ob die Gründung der SDP und die Wende eine Revolution, ein Selbstläufer oder anderes war: Es war ein Glückstag. Und zu diesem Glückstag haben die Menschen im Osten mehr beigetragen als im Westen. Es sei gut, sich immer wieder einmal daran zu erinnern und Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen, so das Fazit des Gastgebers.